Kleinkinder, die Haltestangen und Fensterscheiben im Bus ablecken, versuchen Baustellenschutt zu essen oder beim Spaziergang weinen: Das grün geführte Verkehrsministerium hat mit einer fragwürdigen Werbekampagne auf sich aufmerksam gemacht. Unter dem Titel „Mobabylity“ wurden rund 900.000 Euro ausgegeben. Das Ziel: Junge Familien zu „nachhaltiger Mobilität inspirieren“, wie es Verkehrsminister Hermann in seiner Antwort auf meinen Antrag beschreibt.
900.000 Euro, Effekt zweifelhaft
Ich glaube, der Minister hat bei der Zielsetzung für diese Kampagne „Inspiration“ mit „Indoktrination“ verwechselt. Wieder einmal spielt Winfried Hermann den allwissenden Lehrer und möchte den Bürgern ihre Entscheidungsfreiheit bei der Mobilität absprechen. Mein Fazit dazu lautet: Setzen, sechs! Thema verfehlt.
Während man Verständnis für die Zielgruppe vorgaukelt, sind die einzigen Effekte wahrscheinlich sogar Abschreckung vor der ÖPNV-Nutzung und 900.000 Euro verschwendetes Steuergeld. Diese Summe hätte Hermann besser in die Sanierung der Landesstraßen oder die Erhöhung der Verkehrssicherheit investiert. Davon hätten vor allem Familien mit Kindern, z.B. auf dem Schulweg, einen viel höheren Mehrwert als von so einer Kampagne.
Familien sind auf das Auto angewiesen
Laut Daten des Statistischen Landesamts (Monatsheft 8/2021) verwenden Eltern in Baden-Württemberg häufiger ausschließlich das Auto (52,8%) und seltener nur öffentliche Verkehrsmittel (3,9 %) oder das Fahrrad (3,5 %) in ihrer Alltagsmobilität als andere Bevölkerungsgruppen. Familien werden aus Praktikabilitätsgründen auch weiterhin die Gruppe in Baden-Württemberg sein, die am meisten mit dem Auto fährt. Durch Kleinkinder, die Baustellenschutt essen, weinen oder Haltestangen im Bus ablecken, wird sich daran ganz bestimmt nichts ändern.
Außerdem wirkt es auf mich abstoßend, wie hier die Kleinsten benutzt werden, um die grüne Anti-Auto-Agenda zu verbreiten. Die Missachtung des Datenschutzes ist ein weiterer Grund, warum diese Kampagne völlig fehlgeleitet ist. Offenbar ist im Verkehrsministerium auch noch nicht bekannt, dass auch Videomaterial personenbezogene Daten sind und Identitätsdiebstahl durchaus eine ernstzunehmende Gefahr darstellt.
Der SWR hat im Radio und online über meinen Antrag berichtet.