„DRK-Einsatzkräfte angreifen geht gar nicht. Rettungswagen-Besatzungen brauchen Wertschätzung und Rückhalt von der Bevölkerung“
Friedrich Haag bei Informationsgespräch in der DRK-Hauptrettungswache Stuttgart
Ende Juni 2021 gab es alleine in einer Nacht vier verbale und körperliche Angriffe auf Rettungskräfte des DRK Stuttgart sowie Beschädigungen an Einsatzfahrzeugen. Erschreckend: eine Notfallsanitäterin wurde am Eckensee mit Faustschlägen attackiert, als sie das Fahrzeug verließ, um Hilfe zu leisten. Beleidigungen, Beschimpfungen, Drohungen und zunehmend auch körperliche Angriffe gehören bei den DRK-Einsatzkräften zum Alltag. Das erfuhr der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag bei einem Informationsgespräch in der DRK-Hauptrettungswache. Kreisgeschäftsführer Frieder Frischling sowie Rettungsdienstleister Ralph Schuster berichteten von den aktuellen Vorfällen und wie ihre Beschäftigten mit den neuen Situationen im Hilfseinsatz umgehen.
Ralph Schuster eröffnete die Runde mit einer Schlüsselfrage: „Warum sind wir die Angriffsfläche? Wir wollen nur helfen, wir sind neutral, wir sind vor Ort die Guten.“ Die Eskalationen seien für das Rote Kreuz und andere betroffene Hilfsorganisationen nicht nachvollziehbar. Die Besatzungen der Rettungswagen seien verunsichert, man denke über zusätzliche Schutzvorkehrungen nach und habe bereits begonnen, Deeskalationskurse in die Ausbildung der Notfallsanitäter zu integrieren. „Sehr oft ist Alkohol und Gruppendynamik im Spiel“, sagt Ralph Schuster, „aber die Respektlosigkeit im Alltag ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.“
Verfahren werden oft eingestellt
Friedrich Haag bestätigte diese Entwicklung und bezog hier ausdrücklich auch die Beleidigungen und Übergriffe auf Polizeibeamte, Behördenvertreter oder Busfahrer mit ein. „DRK-Einsatzkräfte angreifen geht gar nicht. Rettungswagen-Besatzungen brauchen Wertschätzung und Rückhalt von der Bevölkerung“, so der FDP-Politiker. Er wollte von seinen Gesprächspartnern wissen, ob die Vorfälle zur Anzeige gebracht werden. Ja, sagte DRK-Geschäftsführer Frieder Frischling, aber meistens seien die Täter nicht ermittelbar bzw. Verfahren und Bestrafung erfolgten erst Monate später und verlieren so ihre abschreckende Wirkung. In der Vergangenheit ist es leider auch vorgekommen, dass Verfahren mangels öffentlichem Interesse eingestellt wurden. „In diesem Zusammenhang begrüßen wir die gesetzliche Neuregelung von 2017, nach der Angriffe auf Mitarbeiter*innen des Rettungsdienstes als Straftatbestände behandelt werden.“
Ehrenamt im Rettungswesen stärken
Friedrich Haag sieht darin einen Lösungsansatz und forderte, die Angriffe auf Einsatzkräfte juristisch konsequent zu verfolgen: „Durch schnelle Verfahren, Verurteilungen der Täter und Sanktionen entsteht eine abschreckende Wirkung. Das mag innerhalb von Gruppierungen bewirken, dass es keine entsprechenden Folgetaten gibt.“ Mit Frieder Frischling und Ralph Schuster war er sich einig, dass in allen gesellschaftlichen Bereichen die Themen Respekt, Wertschätzung und Zivilcourage einen höheren Stellenwert als derzeit bekommen müssen.
Die DRK-Vertreter und der FDP-Landtagsabgeordnete forderten in diesem Zusammenhang auch die Stärkung des Ehrenamts. „Im Rettungswesen, beim THW und bei der Feuerwehr sind zahlreiche ehrenamtliche Helfer aktiv, die eine Vorbildfunktion erfüllen und der Gesellschaft einen großen Dienst erweisen. Deswegen begrüße ich die geplante Ehrenamtskarte in Baden-Württemberg und weitere Bonus-Angebote für Ehrenamtliche“, so Friedrich Haag.