Es ist zu begrüßen, dass die Landesregierung beim Thema Wohnen und Bauen Handlungsnotwendigkeit erkannt hat und hier endlich aktiv werden möchte. Die Probleme türmen sich nur so auf, Aktivitäten sind dringend geboten. Ich bin aber sehr skeptisch, ob der heute gestartete Strategiedialog dafür das richtige Format ist. Zum einen hat die Landesregierung alleine zur Einrichtung über ein Jahr gebraucht.
Nun startet er endlich, ist aber auf eine Dauer auf sieben Jahre angelegt. Ich habe die Befürchtung, dass hier viel geredet und verwaltet, aber wenig gehandelt wird. Dabei gab es doch bereits in der letzten Wahlperiode mit der Wohnraumallianz ein sehr ähnliches Format mit nahezu den gleichen Akteuren.
Jetzt geht es von vorne los und man ignoriert einfach, was bereits erarbeitet wurde. Die heute vom Ministerpräsidenten geäußerte Forderung nach mehr Gebäudeaufstockungen ist beispielsweise lange in der Welt, und wir haben dieses Thema erst kürzlich in einem Berichtsantrag ausgiebig bearbeitet. Wir brauchen keine neuen Dialoge, sondern mehr Umsetzung!
Runde Tische für alle Einzelinteressen bringen nichts
Zum anderen ist ein solches Dialogformat ja immer darauf ausgerichtet, alle Seiten anzuhören und Kompromisse zu suchen. Es mag zwar eine Lieblingsaufgabe von Ministerpräsident Kretschmann sein, runde Tische zu bilden und sich vor vielen Akteuren zu präsentieren. Der kleinste gemeinsame Nenner von Einzelinteressen kann aber nicht die Maßgabe für eine gute Wohn- und Baupolitik sein.
Manchmal muss Politik auch unbequem sein, handeln und nicht versuchen, es allen gerecht machen zu wollen. Als drittes hat die Landesregierung vor einem Jahr mit großen Versprechungen das neue Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen gegründet und damit neue Aufmerksamkeit für das Thema versprochen. Nun dockt man den Strategiedialog als Flaggschiffprojekt für das Thema aber am Staatsministerium an und beweist einmal mehr, dass das neue „Tiny-House-Ministerium“ doch überflüssig ist und keine inhaltliche Begründung dafür vorliegt.
Nicht noch mehr Zeit vergeuden
Die Regierung beschäftigt sich also viel lieber mit Strukturen als mit Inhalten. Als Konsequenz fordere ich von der Landesregierung: Weniger reden, mehr handeln! Die Wohnungsnot und Baupreissteigerungen in Baden-Württemberg sind viel zu groß, als dass noch mehr Zeit verschwendet werden darf. Wann kommt endlich eine Entschlackung der Bauvorschriften? Wann kommt die Digitalisierung der Genehmigungsprozesse? Und wann kommen mehr Anreize für Investitionen und Grundeigentümer? Die Handlungsfelder liegen doch bereits ohne großes Austauschformat klar auf dem Tisch. Es darf daher nicht noch mehr Zeit vergeudet werden.
Der erwähnte Berichtsantrag zu Aufstockungen und Nachverdichtung der FDP/DVP-Fraktion heißt „Innenentwicklung, Nachverdichtung und Flächenverbrauch“ (Drucksache 17/1726). Er ist HIER online abrufbar.
(Friedrich Haag MdL ist wohnungsbaupolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg)