Aus meiner aktuellen parlamentarischen Anfrage „Entwicklung des Individualverkehrs und der Umweltzone in der Landeshauptstadt Stuttgart“ (Drucksache 17/4609) und den Antworten des baden-württembergischen Verkehrsministeriums ergeben sich für mich diese Schlussfolgerungen:
Was Winfried Hermann auflistet, zeigt, wie groß die Lücke beim Ausbau der Ladeinfrastruktur tatsächlich ist. Auch wird deutlich, dass die Förderprogramme Charge@BW und BW-eSolargutschein mit Blick auf die Zulassungszahlen so gut wie keinen Effekt beim Ausbau der E-Mobilität zeigen. In Stuttgart scheint die Erreichung des formulierten Ziels bis 2030 eigentlich unmöglich. Es stellt sich die Frage: Wie will Stuttgart bis 2035 Klimaneutralität schaffen, wenn auf Landesebene für die E-Mobilität ineffizient Geld zum Fenster herausgeschmissen wird?
Zu wenige Ladepunkte, zu hohe Kosten
Die Landesregierung fährt bei der Umsetzung ihrer geplanten Mobilitätswende einen ähnlichen Kurs wie bei den erneuerbaren Energien, und der heißt: Schneckentempo. Dass gerade mal 1,5 Prozent im Land und 2,8 Prozent der Autos in Stuttgart mit Elektroantrieb fahren, deckt auf, wie sinn- und vor allem wirkungslos die insgesamt 33 Millionen Euro (Stuttgart: 1,8 Millionen) Steuergelder für E-Auto Förderprogramme zum Fenster rausgeschmissen wurden.
Aktuell sind in ganz Baden-Württemberg sieben Prozent der bis 2030 angepeilten 200.000 öffentlichen Ladepunkte errichtet, in Stuttgart sind es 14 Prozent. „Wenn die Landesregierung so weitermacht, haben wir bis 2030 im Land gerade mal knapp 17 Prozent, in der Landeshauptstadt knapp 34 Prozent der Zielmarke erreicht. Das halte ich für einen Witz.
Stattdessen sollte sich Verkehrsminister Hermann lieber darum kümmern, dass wir den Bestand von fast 90 Prozent Benzin- und Diesel-Pkws in der Landeshauptstadt mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral machen. Damit würde er tatsächlich etwas Sinnvolles für den klimaneutralen Verkehr tun, statt ohne Effekt E-Autos zu fördern, koste es was es wolle.
Fahrverbote in Stuttgart aufheben
Außerdem zeige die Antwort, dass die Fahrverbote in Stuttgart jeglicher Grundlage entbehren: Es geht hervor, dass die Flotten der Euro 1- bis Euro 5-Diesel deutlich rückläufig sind. Seit 2020 wurde der
Jahresmittelwert an den Messstellen drei Jahre in Folge (Neckartor und Hohenheimer Str.) bzw. zwei Jahre in Folge (Pragstraße und Talstraße) kontinuierlich unterschritten. Ich sehe daher keine Grundlage für Fahrverbote in Stuttgart mehr.
Warum der Verkehrsminister künftig einen Anstieg der NO2-Konzentration erwartet, ist mir ein Rätsel. Die Zahlen, die er selbst anführt, zeigen einen eindeutigen Rückgang bis hin zur Halbierung bei den Euro 1- bis Euro 5-Dieselfahrzeugen. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter wird an allen Messstationen seit zwei, teilweise seit drei Jahren kontinuierlich unterschritten und ist Ende 2022 im Vergleich zur ersten Jahreshälfte sogar noch weiter gesunken. Wie viele Jahre will Winfried Hermann noch abwarten, bis er die Fahrverbote endlich aufhebt?
Generell halte ich, vor allem bei der individuellen Mobilität, nichts von Verboten. Wenn man wie der Verkehrsminister schon auf Teufel komm raus Verbote für Autofahrer durchsetzen will, sollte man zumindest auch so fair sein, diese wieder aufzuheben, wenn die Regeln mehr als eingehalten werden.