Nicht für jeden kommt der Neuerwerb eines E-Autos in Frage, das belegen die aktuellen Zulassungszahlen. Es werden weniger Stromer angemeldet. Soll der Spurwechsel in Richtung Klimaneutralität gelingen, müssen wir auch den Fahrzeugbestand berücksichtigen.
- Warum ist die einseitige Fokussierung auf Neuwagen mit E-Antrieb zu kurz gedacht?
- Welchen Beitrag können E-Fuels zum Klimaschutz leisten?
- Welche Strategien sieht unsere Zulieferindustrie hierzulande?
Darüber habe ich gemeinsam mit Experten für Innovationen in der Autoindustrie beim Diskussionsabend in Rottweil gesprochen. Die Auto Schmid GmbH hat uns dafür freundlicherweise ihr Autohaus zur Verfügung gestellt.
Die Referenten in Rottweil
Außer mir diskutierten mit:
- Dr. Marco Warth, Entwicklungsleiter Motorensysteme & -komponenten MAHLE GmbH
- Markus Jäger, Geschäftsführer Auto Schmid
- Martin Schmidt, Stv. Geschäftsbereichsleiter Innovation & Technologie IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
- Jürgen Ziegner, Geschäftsführer Zentralverband des Tankstellengewerbes e.V.
- Michael Dittert, Geschäftsführer Oel-Heimburger GmbH
- Begrüßung: Dr. Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg
- Moderation: Dr. Christian Jung, Sprecher für Verkehr FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg
- Ausblick: Daniel Karrais MdL, Vorsitzender Landtagsausschuss Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Abgeordneter für Rottweil
E-Fuels und HVO 100 als Innovationstreiber für den Wirtschaftsstandort
Es wird höchste Zeit, dass bei uns endlich, wie in anderen Ländern auch, HVO 100 an der Tankstelle getankt werden kann. Ich rechne damit, dass die unsägliche Blockadehaltung des grün geführten Bundesumweltministeriums Anfang nächsten Jahres überwunden werden kann. Mir und der FDP ist es ein zentrales Anliegen, die individuelle Mobilität für alle Menschen zu erhalten und nicht nur für Gutverdiener in teuren E-Autos.
Klimaschutz und Mobilität sind durch synthetische Kraftstoffe miteinander vereinbar. Nicht der Motor ist das Problem, sondern der fossile Kraftstoff. Es müssen endlich Energiepartnerschaften mit Regionen geschlossen werden, in denen regenerative Energien im Überfluss vorhanden sind. Dann löst sich auch die Preisfrage bei der Herstellung.
CO2-neutrale Antriebe: Politik muss Rahmenbedingungen schaffen
Unser Fraktionsvorsitzender Dr. Hans-Ulrich Rülke stellte in seiner Begrüßung heraus: Unser liberaler Einsatz für E-Fuels erfolgt aus den Gründen Sicherung des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg, Sicherung der individuellen Mobilität der Zukunft sowie Schaffung einer Perspektive für Klimaschutz im Fahrzeugbestand. Dr. Marco Warth (Mahle GmbH) unterstrich, dass es insbesondere im Nutzfahrzeugbereich leistungsstarke, kosteneffiziente und CO₂-neutrale Antriebe braucht.
Man muss eine freie Wahl der Technologie ermöglichen, statt die Diskussion auf das Auto zu verengen. Politik soll die Rahmenbedingungen, nicht jedoch den Weg zum Ziel vorgeben.
Autohändler bestätigt: brauchen Lösung für Bestandsfahrzeuge
Markus Jäger (Auto Schmid) war es als Autohändler klar, dass es auch für bereits vorhandene Fahrzeuge eine Antwort auf die Klimaschutzfrage geben muss. Nicht zuletzt, weil viele ihre vorhandenen Autos noch lange nutzen wollten. Grund hierfür sei auch, dass derzeit die E-Autos preislich noch sehr hoch angesetzt seien und günstige Kleinwagenangebote nicht nur fehlten, sondern gerade vom Markt genommen würden.
Klimaneutralen HVO-Diesel flächendeckend anbieten
Einen Fortschritt aus der Praxis konnte Michael Dittert (Oel-Heimburger) vermelden: HVO-Diesel werde jetzt in das Konzept aufgenommen. Mit diesem vor allem aus Altfetten gewonnenen synthetischen Kraftstoff lassen sich bis zu 90 Prozent CO₂ einsparen. Bisher ergibt sich diese Möglichkeit allerdings nur durch die Nutzung durch öffentliche Auftraggeber.
Tankstelle der Zukunft: kein „Electro only“
Jürgen Ziegner (Tankstellengewerbe) warf ein Schlaglicht auf die Tankstelle der Zukunft: Im Jahr 2040 werden noch 32 Mio. Verbrennerfahrzeuge im Verkehr sein. Ein Installationszwang für Schnellladesäulen an Tankstellen würde nicht funktionieren. Er gab außerdem zu bedenken, dass bereits heute durch den Einsatz von ausschließlich E 10 und das Steichen von E 5 so viel CO₂ eingespart werden könne, wie durch Millionen E-Fahrzeuge. Andere Länder sind diesen Weg bereits gegangen.
Auch Markus Schmidt (IHK) führte aus, wie wichtig die Technologieoffenheit ist. Der derzeitige regulatorische Rahmen erschwere deren Umsetzung jedoch. Beim Thema Wasserstoff im Nutzfahrzeugbereich erlebt er eine regelrechte Aufbruchsstimmung.
Mobilität braucht Technologieoffenheit
In seinem Schlusswort betonte unser örtlicher Landtagsabgeordneter Daniel Karrais: Man muss alle Formen der Mobilität gemeinsam denken und sich Technologieoffenheit behalten. Es gibt schlichtweg nicht die eine Lösung für alles, sondern es braucht vielmehr das „und“ bei den Antriebsformen.
Insbesondere bei globaler Betrachtung ist es von zentraler Bedeutung, dass sich Baden-Württemberg die Kompetenzen in der Verbrennertechnologie erhält. Mit dem einseitigen Fokussieren auf die E-Antriebe können wir die Klimaziele nicht erreichen. Das jüngst vorgestellte Gutachten des Klima-Sachverständigenrates der Landesregierung hat dies glasklar gezeigt.